Rechtslage in Deutschland

 

 

Der Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland nach § 218 des Strafgesetzbuches im Allgemeinen rechtswidrig. Er ist jedoch nach § 218a StGB in einer Reihe von Ausnahmefällen zulässig. Diese sind:

1. Die Schwangere verlangt den Abbruch und kann nachweisen, dass sie an einer Schwangerschaftskonfliktberatung teilgenommen hat. Dies ist nur innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Befruchtung (d. h. 14 Wochen gerechnet ab dem ersten Tag der letzten Regelblutung) zulässig.
2. Es besteht Grund zu der Annahme, dass die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung oder einer vergleichbaren Sexualstraftat ist (die so genannte kriminogene Indikation). Auch dies ist nur innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen zulässig.
3. Es besteht eine Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren, welche nur durch eine Abtreibung abgewendet werden kann (die so genannte medizinische Indikation). Dieser Fall ist nicht an eine zeitliche Frist gebunden.

In jedem Fall darf der Abbruch nur mit Einwilligung der Schwangeren und nur von einem Arzt ausgeführt werden.

In den Ausnahmefällen 2 und 3 ist der Abbruch ausdrücklich nicht rechtswidrig. In der Fassung des § 218a StGB vom Juli 1992 war auch im Fall 1 der Abbruch nicht rechtswidrig; dies wurde jedoch 1993 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Das Strafgesetzbuch wurde daraufhin 1995 so geändert, dass in diesem Fall der Abbruch nicht mehr ausdrücklich für „nicht rechtswidrig“ erklärt wird, aber der Tatbestand des Schwangerschaftsabbruches als nicht erfüllt gilt. Damit ist der beratene Abbruch für alle Beteiligten nicht strafbar. Die Frage der Rechtswidrigkeit wollte der Gesetzgeber mit diesem Wortlaut hingegen offen lassen; inwieweit dieses Ziel erreicht wurde, ist umstritten. Die vordringende Auffassung stellt den Tatbestandsausschluss de facto einem Rechtfertigungsgrund gleich.

Das Gesetz regelt nicht konkret, wer dafür zuständig ist, das Vorliegen dieser Ausnahmefälle zu beurteilen; allerdings muss nach § 218b Abs. 1 die Beurteilung einer medizinischen oder kriminogenen Indikation durch einen unabhängigen Arzt erfolgen, der den Abbruch nicht selbst vornimmt. Im Falle eines Abbruchs nach Beratung, also ohne eine medizinische Indikation, zwischen der 12. und 22. Woche bleibt die Mutter selbst straffrei, der Arzt handelt jedoch strafbar. Sollte das Kind den Abbruch überleben, muss Erste Hilfe geleistet werden.

Erleidet die Schwangere einen Hirntod und wird wie im Fall des Erlanger Babys künstlich am Leben erhalten, kann das Beenden der lebenserhaltenden Maßnahmen einen Schwangerschaftsabbruch durch Unterlassen darstellen. In der Rechtsprechung gibt es starke – häufig auch regionale – Unterschiede, was die Verfolgung von Rechtsverstößen angeht.

Handlungen, deren Wirkung vor der Nidation einsetzt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt kein Schwangerschaftsabbruch, sondern ein Tötungsdelikt vor, sobald die Eröffnungswehen eingesetzt haben, da zu diesem Zeitpunkt „die Zäsur für den Beginn des menschlichen Lebens“ angenommen wird (BGHSt 32, 194).

Das (Nicht-)Vorliegen der Rechtswidrigkeit hat für die betroffene Frau heute vor allem finanzielle Folgen: Die Kosten eines nicht rechtswidrigen Abbruches werden von den Krankenkassen übernommen, während ein rechtswidriger Abbruch selbst bezahlt werden muss.

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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Schwangerschaftsabbruch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

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